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Greenwashing 3. Akt: Treibt es doch bunt!

Aktualisiert: 28. Juni 2023


Bunte Regenschirme am Himmel

Greenwashing ist nachhaltig schädlich

Die Greenwashing-Taktiken werden immer ausgeklügelter. Ein Blick beim Gang durch den Supermarkt reicht aus: "Umweltfreundlich“, “Stallhaltung“, „klimaneutral“ und viele, viele Wörter mehr versprechen den Konsum mit Karma. Und längst nicht nur im Supermarkt: der nächste Flug, das Lieblings-T-Shirt oder der Blick zum eigenen Energiedienstleister: Greenwashing fühlt sich heutzutage vielerorts wohl.


Und mal ehrlich – hast du dich beim Alltagseinkauf, der Flugbuchung oder dem Wechsel zum nächsten Energiedienstleister schon mal ernsthaft gefragt, was eigentlich hinter den versprochenen grünlichen Bergriffen als konkrete Taten steckt?


Greenwashing schadet - sowohl den Kunden als auch den Unternehmen. Denn die, die es ernst meinen mit Lieferkettentransparenz, haben angesichts von über 20 Jahren grüngewaschener Rhetorik kaum noch eine Chance, mit irgendwelchen Begriffen glaubwürdig zu punkten.



Greenwashing ist nicht nur eine Frage mangelnder Moral. Es ist aus meiner Sicht auch immer eine Frage mangelnder Kompetenz. Das nachhaltigkeitstheoretische Grundwissen ist im Marketing auf einem analphabetischen Niveau.

Jan Pechmann, Gründer BAM! In Absatzwirtschaft Green Wednesday von Vera Hermes, 15. März



EU-Richtlinie setzt Regeln für „grüne“ Werbung


Stoppschild mit Bäumen im Hintergrund

Doch möglicherweise heißt es bald, neue Pfade zu entdecken: Dem Greenwashing soll nämlich der Garaus gemacht werden. Die EU-Kommission möchte Ordnung in das Marketing mit Green Claims und Greenwashing bringen.


Wir wollen dazu beitragen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Kaufentscheidungen fundiert treffen können, und dafür sorgen, dass Unternehmen belohnt werden, die echte Anstrengungen unternehmen, um ihre Auswirkungen auf die Natur, die Ressourcennutzung, klimawirksame Emissionen und die Umweltverschmutzung zu verringern.

EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius (Quelle)



Begriffe wie „umweltfreundlich“, „umweltschonend“, „ökologisch“, „klimafreundlich“, „CO2-neutral“, „energieeffizient“ oder „biologisch abbaubar“ sollen künftig kritisch beäugt werden. Auch unternehmenseigene Nachhaltigkeitssiegel würden unter Verdacht kommen. Für viele Unternehmen, die mittlerweile ihre eigenen - kaum nachvollziehbaren - Siegel definieren und bewerben, wäre dies ein harter Schlag gegen ihr Marketing.


Doch es ist beschlossene Sache: Zukünftig müssen jegliche Aussagen zur Klimafreundlichkeit eines Produktes nachgewiesen werden. So sieht es der Entwurf der Richtlinie vor, welchen die EU-Kommission am 22. März präsentiert hat. Mithilfe eines auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierenden Bewertungssystems soll der ökologische Fußabdruck von Produkten (Product Environmental Footprint, PEF) und Unternehmen (Organisation Environmental Footprint, OEF) möglichst objektiv gemessen werden. Bei Produkten soll so der gesamte Lebenszyklus unter die Lupe genommen werden (Quelle). Wird bei der Produktion wenig CO2 verursacht, darf der möglicherweise sehr hohe Verbrauch an Wasser nicht unter den Tisch fallen. Ebenso müssen auch mögliche negative Umweltauswirkungen durch die Nutzung offengelegt werden.


Aussagen zur Nachhaltigkeit eines Produktes müssen also in Zukunft Hand und Fuß haben. Einige Unternehmen werden sich an die die eigene Nase packen und umdenken müssen. Anderen könnte genau das in die Karten spielen. Denn sie drohen nicht mehr unterzugehen zwischen all dem bislang zum Teil fröhlich betriebenen Greenwashing. Vielmehr heißt es, die Chance wahrzunehmen und das Wort zu ergreifen.


Frau mit Megafon vor blauem Himmel

Doch wie? Die Richtlinie birgt teils riesige Datenmengen und eine empfindlich höhere Nachweispflicht. Methodik und Berechnung des PEF müssen zur Überprüfung offengelegt werden. Und der gesamte Lebenszyklus eines Produktes lässt sich nicht mehr in einem einzigen Wort zusammenfassen.

Gut so. Denn das würde auch jedem Anspruch an eine gelebte Transparenz zuwiderlaufen. Versuchen wir es mal anders.


Vom Greenwashing zu wahrhaft bunten Geschichten


Nachhaltige, grüne Themen rangieren weit oben auf den Kommunikationsagenden von Wirtschaft und Politik. Und es steht ganz außer Frage, dass ein Missachten dieser Themen einer zeitgeistigen Bankrotterklärung ähnelt. Im Grunde stehen wir an einem Punkt, an dem die Wirtschaft unter den populären Moralphilosophen damals ihren Anfang nahm: Wirtschaften nicht einzig mit dem Ziel der Gewinnmaximierung, sondern als Auftrag der Gesellschaft sehen, für Wohlstand zu sorgen. Und der Begriff des Wohlstandes ist unter heutigen Entwicklungen in den westlichen Industrienationen nicht mehr ohne die Vermählung mit der Nachhaltigkeit realistisch zu greifen.


Unternehmerisch nachhaltig handeln wird immer weniger etwas damit zu tun haben, Leuchtturmprojekte oder einzelne Siegel vorne auf die Kommunikationsagenda zu schubsen. Eine glaubwürdige Nachhaltigkeit wird einem Unternehmen erst dann attestiert werden, wenn es diese ganzheitlich umsetzt. Und nicht die Größe des Schrittes wird dabei entscheidend sein. Sondern ob der Schritt für das Unternehmen glaubwürdig ist.


„Greenwashing“ als Kommunikationsmethode wird zum Auslaufmodell degradiert. Wonach Menschen in ihrer steigenden „meaningful consumption“ dürsten, liegt nicht mehr an der Oberfläche, nicht an der Farbe, einem Siegel oder auf einem einzelnen Wort. Es liegt tiefer in der Geschichte eines jeden Unternehmens, das seinen individuellen Weg sucht.


  • Ecken und Kanten werden hier attraktiver als Schönmalerei.

  • Das Zugeben von Fehlern gewinnt mehr Glaubwürdigkeit als das nächste Werte-Dreieck, das auf der „Über uns“ Seite veröffentlicht wird.

  • Und es wird nicht mehr die Produkte am begehrenswertesten sein, die das schönste Image haben. Sondern die, die den Nutzer zum lebendigen Erzähler seiner eigenen Geschichte machen.

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