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Transparenz ohne Grenzen: Das europäische Lieferkettengesetz.

Aktualisiert: 16. Juni 2023




Einleitung

Unsere Weltuhr tickt.

Dies ist die CO2-Uhr des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (Stand 01. Dezember 2022). Sie gibt an, wieviel CO2 in die Atmosphäre abgegeben werden darf, um die globale Erwärmung auf maximal 1,5°C beziehungsweise 2°C zu begrenzen.


Pariser Klimaabkommen

In Artikel 2 Absatz 1 des Pariser Klima-Abkommens wird die globale Erwärmung rechtsverbindlich für alle Staaten auf 1,5 Grad gegenüber vorindustriellem Niveau, mindestens aber deutlich unter 2 Grad begrenzt. 

Laut Weltklimarat ist eine solche Begrenzung aber nur umsetzbar, wenn weltweit alle Emissionen in ein bis zwei Jahrzehnten auf null gebracht werden. Gleichzeitig schreibt die globale Biodiversitätskonvention der Vereinten Nationen vor, den Artenverlust zu stoppen und umzukehren. Die EU und Deutschland sind von beiden Zielen meilenweit entfernt. Ab dem 1. Januar 2023 wird daher zunächst in Deutschland das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzt (LkSG) in Kraft treten. Doch das europäische steht schon in den Startlöchern. Hier lesen Sie:


  • Kurze Zusammenfassung vom deutschen LkSG und welche Unternehme wie davon betroffen sind

  • Das europäische LkSG und seine Kernherausforderungen für Unternehmen

  • Welche Pflichten auf die Unternehmen zukommen werden.


LkSG: Die Pflicht zur Transparenz kommt


Das LkSG wird definieren, welche Pflichten Unternehmen bei der Einhaltung des Schutzes von Menschenrechten und Umweltrechten haben, und wird Unternehmen gezielt in die Pflicht nehmen, Risiken und Verletzungen von Menschen- und Umweltrechten entlang ihrer Lieferketten zu identifizieren, zu verhindern, zu beenden oder zumindest zu minimieren.


Strafe in Höhe von bis zu 2%

des Jahresgesamtumsatzes.


Verstoßen Unternehmen nach Inkrafttreten des LkSG gegen dieses, müssen Geschäftsleitungen mit empfindlichen Sanktionen wie etwa eine Einschränkung des Marktzugangs und weitere Rechtsfolgen gegen das Unternehmen sowie Haftungsrisiken rechnen (Strafen in Höhe bis zu 2% vom Jahresgesamtumsatzes)


LkSG (be-) trifft Unternehmen


Das LkSG gilt zunächst ab Januar 2023 für in Deutschland ansässige Unternehmen sowie Unternehmen mit einer Zweigniederlassung gemäß § 13 d HGB mit mind. 3.000 Beschäftigten in Deutschland. Ab Januar 2024 gilt das Gesetz dann für Unternehmen mit mind. 1.000 Beschäftigten in Deutschland.


Trickle Down: LkSG betrifft eine Vielzahl von Unternehmen indirekt.


Die Verantwortung der Unternehmen wird sich nicht nur auf ihre direkten Zulieferer und Partner beziehen. Sondern der Verantwortungsraum erstreckt sich künftig auf die gesamte Lieferkette inklusive auch ihrer mittelbaren Zulieferer! Denn betroffene Unternehmen werden ihre Vertragspartner zu entsprechenden Handlungen und Offenlegungen ihrer Lieferkette verpflichten, um ihren eigenen gesetzlichen Pflichten nachzukommen. Indirekt sind so also allein in Deutschland Zehntausende kleiner und mittlerer Unternehmen betroffen.


Sie sehen, diese Entwicklung wird mitnichten nur eine auserlesene Auswahl von Unternehmen betreffen Denn erstens arbeiten Unternehmen stets in einem Verbund und zumeist globalen Netzwerk. Und zweitens holt das LkSG gerade zum Sprung auf das europäische Podium aus.


LkSG auf Europa-Ebene


Die EU arbeitet bereits an einem übergreifenden Gesetzesentwurf in Europa und wird unterschiedliche nationale Lieferkettengesetze auf ähnliche Standards bringen. Als europäisches Gesetz kann es strenger und konsequenter sein als die nationalen Gesetze wie z.B. das deutsche oder etwa das französische Lieferkettengesetz.

Für welche Unternehmen gilt das EU-Lieferkettengesetz?

  • Für Unternehmen, die mehr als 500 ArbeitnehmerInnen und einen Umsatz von mehr als 150 Mio. Euro haben.

  • Wenn sie mehr als 20 Mio. Euro Umsatz in Risikosektoren machen, sinkt die Umsatzschwelle auf 40 Mio. Euro und die ArbeitnehmerInnenschwelle auf 250.

  • Die Risikosektoren umfassen u.a. Textil, Landwirtschaft, Lebensmittel, Rohstoffgewinnung, Metallverarbeitung. Ausgenommen ist der Maschinenbau.

  • Für Unternehmen aus Drittstaaten gilt eine Schwelle von mehr als 150 Mio Euro Umsatz im Jahr in der EU (d.h. keine Arbeitnehmerschwelle) oder 40 - 150 Mio Euro Umsatz p.a. in der EU bei mind. 20 Mio Euro in Risikosektoren.

Kein sicherer Hafen


Die so genannte Safe Harbour Klausel hätte vielen Unternehmen gewiss das Leben erleichtern können: Nach dieser wären Klagen bei Verstößen innerhalb der Lieferketten kaum noch möglich gewesen, sobald externe Prüfer den europäischen Unternehmen bestätigt haben, dass ihre Lieferketten einwandfrei sind.


Dieser sichere Hafen kann nun aber nicht angesteuert werden, da der Ministerrat dem Wunsch der deutschen Bundesregierung nach Einführung einer solchen Klausel nicht nachgekommen ist. Im Gegenteil kommt es zu drei massiven Verschärfungen innerhalb des EU-Lieferkettengesetzes:



3 zentrale Verschärfungen

Anders als im deutschen Lieferkettengesetz können Opfer von Menschenrechtsverletzungen auch zivilrechtliche Haftung durchsetzen!

Das EU-Gesetz verpflichtet grundsätzlich alle Zulieferer - nicht nur solche mit einer längerfristig etablierten Geschäftsbeziehung, wie ursprünglich von der EU-Kommission geplant

Im deutschen Lieferkettengesetz kann die Einschaltung von Zwischengesellschaften die Verpflichtungen umgehen. Nach dem Willen der Mitgliedsstaaten ist diese Umgehungsmöglichkeit nun europaweit verschlossen.


Globale Risiken intern händeln


Unternehmen müssen zukünftig einen Nachweis der Umsetzung zahlreicher Maßnahmen erbringen:

  • Errichtung und Verankerung eines Risikomanagements im Unternehmen: Verankerung klarer Zuständigkeiten innerhalb des Unternehmens zwecks Überwachung

  • Durchführung Risikoanalyse: Zwecks Identifizierung, Bewertung und Priorisierung relevanter menschenrechtlicher und anderer Risiken

  • Grundsatzerklärung des Vorstandes über Menschenrechtsstrategie: Kommunikation derselbigen gegenüber internen und externen Stakeholdern

  • Etablierung Präventationsmaßnahmen: Angemessenen Maßnahmen im eigenen Geschäftsbereich sowie bei unmittelbaren Zulieferern

  • Ergreifung von Abhilfemaßnahmen: Bei Feststellung einer Verletzung im eigenen Geschäftsbereich oder bei einem unmittelbaren Zulieferer

  • Unternehmensinternen Beschwerdeverfahren: Zur Ermöglichung von Hinweisen auf Menschenrechts- und Umweltrechtsverletzungen

  • Fortlaufende Dokumentations- und Berichtspflicht: Mit Blick auf die umgesetzten Maßnahmen


Das LkSG wird tiefgreifende Folgen haben, da es in unzählige Unternehmensbereiche hineingreifen und hier Strukturen verändern wird. 

Eingebunden sind das deutsche wie das europäische LkSG in die so genannte Kreislaufwirtschaft, die eine wahre Renaissance erlebt. Lesen Sie das Wichtigste:



Quellennachweise und zum Weiterlesen (Stand Februar 2023)


Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)


Hembach, Holger (2022): Praxisleitfaden Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) (CB - Compliance Berater Schriftenreihe). Fachmedien Recht und Wirtschaft in Deutscher Fachverlag GmbH; 1. Auflage.


Jürgens, Max / Harings, Lothar (2022): Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Umsetzung und Auswirkungen des LkSG in der Praxis. Reguvis Fachmedien; 1. Edition.


Grabosch, Robert (Hrsg.) (2021): Das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Nomos; 1. Edition.


Falder, Roland / Frank-Fahle, Constantin / Poleacov, Peter (2022): Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Ein Überblick für Praktiker

Springer Gabler; 1. Aufl. 2022 Edition (7. Mai 2022)


BMAS Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz


CSR in Deutschland - Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz


Deutscher Bundestag verabschiedet Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz


Deloitte: Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in der Praxis


Bayerischer Rundfunk: EU-Länder einigen sich grundsätzlich auf Lieferkettengesetz


Die Initiative Lieferkettengesetz: https://lieferkettengesetz.de


Absatzwirtschaft: Nachhaltigkeit in der Lieferkette: Zeit für Gerechtigkeit


Kreislaufwirtschaft


Rau, Thomas / Oberhuber, Sabine (2021): Material Matters: Wie eine neu gedachte Circular Economy uns zukunftsfähig macht | Die Antwort auf die Klimakrise ist die Kreislaufwirtschaft. Econ; 1. Edition


Münger, Alfred (2021): Kreislaufwirtschaft als Strategie der Zukunft: Nachhaltige Geschäftsmodelle entwickeln und umsetzen. Haufe; 1. Auflage


Beckmann, Martin (2022): Kreislaufwirtschaftsgesetz: Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz mit Verordnungen, Abfallverbringungsrecht. beck im dtv; 23. Edition


Europäisches Parlament: Recht auf Reparatur: Für Produkte, die langlebiger und reparierbar sind


VDI: Zirkuläre Wertschöpfung. Werkstoffliches und chemisches Recycling von Kunststoffabfällen


Europäisches Parlament Ökodesign-Richtlinie: Steigerung der Energieeffizienz und Recyclingfähigkeit



Europäische Kommission: Circular economy action plan (CEAP): https://environment.ec.europa.eu/strategy/circular-economy-action-plan_en


Europäische Kommission zum neuen Aktionsplan der Kreislaufwirtschaft: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_420


Recyclingnews: EU-Kommission will nachhaltige Produkte zur Norm machen


EUR Lex (Zugang zu den Originaltexten) A new Circular Economy Action Plan:


Umweltbundesamt: Abfall- und Kreislaufwirtschaft


NABU: Kreislaufwirtschaft:


Koalitionsvertrag ZWISCHEN SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN UND FDP: MEHR FORTSCHRITT WAGEN. BÜNDNIS FÜR FREIHEIT, GERECHTIGKEIT UND NACHHALTIGKEIT:


United Nations Global Compact: https://www.unglobalcompact.org/library/205


United Nations Global Compact: Nachhaltigkeit in der Lieferkette:



Europäer Green Deal


BMUV Den ökologischen Wandel gestalten. Integriertes Umweltprogramm 2030.


brand eins Sonderausgabe Der neue grüne Deal Dezember 2020


Europäisches Parlament Ökodesign-Richtlinie: Steigerung der Energieeffizienz und Recyclingfähigkeit


Europäische Kommission: Der Grüne Deal


Bundeszentrale für politische Bildung: The European Green Deal:


DIHK: Worum geht es beim Green Deal?


Ökodesign-Richtlinie


EUR Lex (Originaltexte): On making sustainable products the norm


Umweltbundesamt: Ökodesign-Richtlinie


Süddeutsche Zeitung, 28. März 2022: Wie die EU Produkte ökologischer macht


Europäisches Parlament Ökodesign-Richtlinie: Steigerung der Energieeffizienz und Recyclingfähigkeit


Sustainable Development Goals (SDG)


BMZ: Die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung


IHK: Die UN Nachhaltigkeitsziele (SDGs) als Maßstab für verantwortungsvolles Unternehmertum


United Nations Global Compact: https://www.unglobalcompact.org


Recycling


BMUV: Kreislaufwirtschaftsgesetz


BMBF (Plastik): WErtschöpfungsketten gestalten



Stiftung zentrale Stelle Verpackungsregister: Mindeststandard recyclinggerechtes Design: https://www.verpackungsregister.org/stiftung-behoerde/mindeststandard-21/grundlegende-informationen


Europäisches Parlament: Recht auf Reparatur: Für Produkte, die langlebiger und reparierbar sind


VDI Zentrum Ressourceneffizienz: https://www.ressource-deutschland.de


Recyclingnews: EU-Kommission will nachhaltige Produkte zur Norm machen


Europäisches Parlament Ökodesign-Richtlinie: Steigerung der Energieeffizienz und Recyclingfähigkeit

ESG & Nachhaltigkeitsberichterstattung


Rat der Europäischen Union: Neue Vorschriften für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen: vorläufige politische Einigung zwischen Rat und Europäischem Parlament


Regularien zum Greenwashing


BMUV Den ökologischen Wandel gestalten. Integriertes Umweltprogramm 2030.


Europäische Kommision: Unfair commercial practices directive


Europäische Kommision: Kreislaufwirtschaft: Kommission schlägt neue Verbraucherrechte vor und will Greenwashing verbieten


NKS / Bundesministerium für Bildung und Forschung: EU legt Vorschläge für nachhaltige Produkte vor


Digitaler Produktpass (DPP)

Digtler Produkpass

Europäisches Parlament Ökodesign-Richtlinie: Steigerung der Energieeffizienz und Recyclingfähigkeit


BMUV Der BMU Design-Sprint zum Digitalen Produktpass für die Elektromobilität


Umweltbundesamt Förderung des nachhaltigen Konsums durch digitale

Produktinformationen: Bestandsaufnahme und Handlungsempfehlungen


BDI Der „Digitale Produktpass“ auf dem Prüfstand


Recyclingnews: EU-Kommission will nachhaltige Produkte zur Norm machen


DKE Digitaler Produktpass: Förderung der Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft durch standardisierte Daten


Europäische Kommission: Circular economy action plan (CEAP): https://environment.ec.europa.eu/strategy/circular-economy-action-plan_en




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