Digitaler Produktpass in der Praxis: Die wichtigsten Impulse vom GermanFashion Infotag
- Lioba Galliet

- vor 3 Tagen
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Zwischen Pflicht und Perspektive: Was der Infotag sichtbar gemacht hat
Der Digitale Produktpass ist seit Monaten Thema in Panels, Fachmedien und politischen Debatten. Doch echte Orientierung entsteht erst dort, wo Theorie und Praxis aufeinandertreffen. Der GermanFashion Infotag am 9. Dezember in Köln war ein solcher Moment: ein Tag, an dem Unternehmen nicht nur zuhören, sondern verstehen konnten, wie der DPP in realen Prozessen, realen Teams und realen Produkten wirkt.
Schon zu Beginn wurde deutlich, dass dieser Tag mehr war als ein Update zur Regulierung. Er war ein Raum für Fragen, für Praxisbeispiele und für das gemeinsame Ringen um Klarheit in einer Zeit, in der sich Produktentwicklung, Commerce und Markenführung fundamental verändern.
Digitaler Produktpass: Regulatorik erklärt die Pflicht – Praxis zeigt die Chance
Thomas Lange, Hauptgeschäftsführer GermanFashion Modeverband Deutschland, formulierte gleich zu Beginn, worum es wirklich geht:
Der DPP wird ein Paradigmenwechsel sein.
Damit beschrieb er nicht eine weitere Compliance-Anforderung, sondern eine strukturelle Veränderung dessen, wie Kleidungsstücke künftig Informationen tragen und wie Marken mit ihren Kund:innen kommunizieren. Der DPP ist die digitale Identität jedes Artikels und damit ein wesentliches Element der Ökodesign-Verordnung (ESPR).
Doch was dieser Wandel in Unternehmen praktisch bedeutet, zeigte sich besonders in den fachlichen Beiträgen des Tages.
Der zentrale Engpass: Daten – und warum darin die Chance liegt
In vielen Unternehmen liegt die eigentliche Herausforderung des Digitalen Produktpasses nicht im Pass selbst, sondern in der Frage, wie die dafür notwendigen Daten strukturiert werden können. Informationen zu Materialien, Reparierbarkeit oder Herkunft sind heute häufig über verschiedene Systeme, Tabellen und Dokumente verteilt – ein gewachsenes Gefüge, das im Tagesgeschäft funktioniert, aber kaum Zukunftssicherheit bietet.
Der DPP macht diese Strukturen sichtbar und zeigt, wo Modernisierung beginnen muss: bei klaren Datenmodellen, verlässlichen Prozessen und einer gemeinsamen Sprache über Abteilungen hinweg. Was zunächst wie zusätzlicher Aufwand wirkt, eröffnet in Wahrheit enorme Potenziale. Denn erst sauber strukturierte Daten schaffen die Grundlage für effizientere Abläufe, präzise Nachweise, Kreislauffähigkeit und ein stabiles Qualitätsversprechen.
Der Produktpass fordert diese Entwicklung ein und ermöglicht sie zugleich.
Warum Standards über Zukunftsfähigkeit entscheiden
Damit der Digitale Produktpass entlang der gesamten Wertschöpfung funktioniert, braucht es mehr als strukturierte Daten: Es braucht gemeinsame Regeln. Ein Produkt muss unabhängig von Marke, Händler oder System eindeutig identifizierbar und maschinenlesbar sein. Standards wie der GS1 Digital Link schaffen dafür die notwendige Grundlage und sorgen dafür, dass Informationen konsistent bleiben – egal, wo sie eingesetzt werden.
Was technisch klingt, ist strategisch entscheidend. Nur wenn Produktidentitäten interoperabel sind, kann der DPP seine Wirkung entfalten: im Handel, in der Logistik, im Service, im Recycling und schließlich in den digitalen Anwendungen, die Kund:innen in Zukunft begleiten. Standards sind damit kein Detail, sondern der Schlüssel zur Skalierbarkeit des gesamten Modells.
Der DPP schafft Mehrwert deutlich vor der Pflicht
Dagmar und Jens, ist der DPP weit mehr als ein regulatorisches To-do. Ein sauber aufgesetzter Pass:
reduziert Kosten, weil Retouren und Support sinken
erhöht Umsatz und CLV, weil Produkte zu aktiven Touchpoints werden
stärkt Differenzierung, weil Marken genau dort sichtbar werden, wo Entscheidungen fallen
macht Sortimente KI-fähig, weil Agenten nur empfehlen können, was sie strukturiert verstehen
Der Wert des DPP liegt darin, zur strategischen Grundlage für Produktwahrheit, Effizienz, Wachstum und Markenführung zu werden und sicherzustellen, dass Marken in einer von KI und Agenten geprägten Commerce-Landschaft nicht zur austauschbaren Option werden, sondern mit und Emotion zur bevorzugten Wahl.
Dagmar Zoder, CRO Narravero
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Ein Vorblick: Der Praxis-Guide von GermanFashion & Narravero
Ein besonderer Moment des Tages war der erste Einblick in den Praxis-Guide, der derzeit gemeinsam von GermanFashion, und Narravero entwickelt wird. Der Guide zeigt anhand konkreter Beispiele, wie der DPP dort Wirkung entfaltet, wo Kaufentscheidungen getroffen werden – innerhalb weniger Sekunden am Regal, auf der Produktdetailseite oder zuhause im Kleiderschrank.
Er erscheint Ende Januar 2026 exklusiv für alle Mitglieder des Verbands und soll Unternehmen helfen, den DPP nicht nur als regulatorische Pflicht, sondern als strategisches Werkzeug für Sortimentsgestaltung und Markenführung zu verstehen.
Ein Tag, der zeigt, wohin die Branche sich bewegt
Der Infotag hat deutlich gemacht, dass Perfektion nicht der Startpunkt des Digitalen Produktpasses ist, sondern sein Ergebnis. Die Branche weiß, dass der DPP kommt. Die entscheidende Frage lautet nun: Wer nutzt ihn zuerst und mit welcher Wirkung?
Der DPP bringt nicht nur die Nachhaltigkeitsagenda der Branche vor, sondern eröffnet auch neue Mehrwerte im Kundenerlebnis und in der Markenführung.
Der DPP wird Realität. Jetzt entscheidet die Praxis.


