Digitalisierung in Europa: Vereinfachung braucht Struktur.
- Lioba Galliet

- 30. Okt.
- 2 Min. Lesezeit
Warum Europas Weg zu echter Entlastung nur über gemeinsame Standards führt.

Im September 2025 hat der Europäische Rat eine gemeinsame Position zu den Themen Digitalisierung, Vereinfachung und gemeinsamen Standards beschlossen.
Das Ziel: Bürokratieabbau durch Struktur – nicht durch Abbau.
Diese politische Einigung markiert einen Richtungswechsel: Vereinfachung soll künftig über Digitalisierung und Standardisierung entstehen – damit Europa effizienter, verständlicher und wettbewerbsfähiger wird.
Europa will vereinfachen – und wählt dafür die Digitalisierung.
Echte Vereinfachung entsteht nicht durch weniger Regeln, sondern durch bessere Strukturen. Standards sind kein Hemmschuh, sondern das neue Betriebssystem für Wettbewerbsfähigkeit.
Weniger Bürokratie – mehr Struktur
Europa hat ein Ziel: entlasten durch Digitalisierung. Zertifikate, Nachweise, Datenflüsse – alles soll künftig digitalisiert und über gemeinsame Plattformen zugänglich werden.
Das klingt nach Effizienz – und ist es auch.Doch wer digitalisiert, muss strukturieren.
Daten brauchen Sprache, Schnittstellen, klare Formate.Und genau hier beginnt der eigentliche Wandel.
Standardisierung als politisches Instrument
Mit der Entscheidung für gemeinsame Spezifikationen betritt Europa die nächste Stufe seiner Industriepolitik. Denn Standardisierung ist kein technisches Detail – sie ist ein politisches Werkzeug.
Wer Standards setzt, definiert, was kompatibel ist, wie Transparenz entsteht und wer am Markt teilnehmen kann.
In einer Welt, in der Produkte, Informationen und Lieferketten zunehmend vernetzt sind, wird Standardisierung zur strategischen Machtfrage. Nicht, um Vielfalt einzuschränken, sondern um Verständigung zu ermöglichen – zwischen Systemen, Branchen, Ländern.
Das Paradox der Vereinfachung
Europa will Bürokratie abbauen. Doch der Weg dorthin führt über neue Disziplin. Vereinfachung bedeutet nicht weniger Arbeit – sondern klarere Arbeit.
Daten müssen gepflegt, Prozesse definiert, Formate harmonisiert werden. Das ist zunächst Aufwand aber einer mit Mehrwert. Denn dann, wenn Informationen dieselbe Sprache sprechen, kann echte Vereinfachung entstehen.
Das vermeintliche Paradox löst sich also auf: Europa vereinfacht, indem es ordnet. Und diese Ordnung ist nicht Einschränkung, sondern Effizienz durch Verständigung.
Was das für Unternehmen bedeutet
Für Unternehmen – besonders für Markenhersteller – liegt darin eine klare Botschaft:Die Zukunft der Einfachheit ist strukturiert.
Wer seine Produkt-, Lieferketten- oder Nachhaltigkeitsdaten heute systematisch aufbereitet,wird morgen von automatisierten Prozessen, schnelleren Zertifizierungen und glaubwürdiger Kommunikation profitieren.
Der Digitale Produktpass ist nur ein Beispiel. Er zeigt, wie Regulierung und Standardisierung zu Hebeln für Transparenz und Markenführung werden können. Denn wer Daten sauber strukturiert, erzählt verständlicher – und gewinnt Vertrauen.
Vereinfachung ist damit keine administrative Übung, sondern ein kultureller Schritt:vom Verwalten zum Verstehen.
Fazit
Europa will entlasten und tut das, indem es präzisiert. Weniger Reibung, weniger Papier, mehr Klarheit. Das ist kein Rückzug aus Komplexität, sondern ein neuer Umgang mit ihr.
Vereinfachung ist keine politische Maßnahme. Sie ist eine gemeinsame Sprache. Und wer sie spricht, prägt Märkte.
Digitalisierung, Vereinfachung, Standards – welche konkreten Maßnahmen der Rat jetzt vorschlägt, steht hier.


